Singen und Glück
ach ja, das inflationäre Glückswort- Glückwunsch, Glückstee, Glückskekse..
Wenige Dinge beschäftigen uns so sehr, wir wünschen es uns gegenseitig und schenken uns rosa Schweinchen dazu oder suchen nach dem vierblättrigen Kleeblatt. Es wird inflationär in der Werbung angepriesen und versprochen, wir suchen es in Drogen und Substanzen, und gleichzeitig sind wir ein bisschen misstrauisch, tanzt jemand über die Strasse oder wird zum „Dauergrinser“.
Seien wir ehrlich; wir haben ein bisschen ambivalentes Gefühl zum Glück.
Wir würden das Glück gerne ganz asketisch, buddhamässig in der Bescheidenheit suchen. Wir wissen: Geld macht nicht glücklich- hilft aber manchmal, wenn es uns eine gewisse Sicherheit bringt und uns uns Dinge leisten lässt, die uns glücklich machen könnten. Spenden macht glücklich, das ist erwiesen, Teilen sowieso, Scherben bringen nicht unbedingt Glück, außer Du bist Archäologe und das Glück kann dir die Scheibe einschlagen und vielleicht kannst du es trotzdem nicht sehen.
„Und renn' ruhig nach
dem Glück
Der alte Brecht hat's schon gesagt
Du rennst und rennst
und das Glück rennt hinterher “ (Gisbert zu Knyphausen)
Wir machen es dem Glück manchmal nicht einfach, uns zu finden, seinen Besuch einzuleiten, bei uns anzuklopfen. Dabei ist es inzwischen bewiesen, dass unser Glücksempfinden ganz viel mit den Bewertungen zu tun hat, die wir den Dingen geben die um uns herum und in uns drin passieren. Zum einen. Und zum anderen auch mit Hormonen, Neurotransmittern und anderen Botenstoffen, die unser Empfinden mit steuern, also auch damit, wir wir essen und schlafen und Licht haben, ob wir rausgehen, was wir als befriedigend empfinden und wie wir uns bewegen. Und natürlich ob wir singen. Denn Singen lässt einen ganzen Glückscocktail an Neurotransmittern frei, Seretonin wird ausgeschüttet, Oxytocin, das Bindungshormon gebildet, die Angst vertrieben und die Entspannung eingeleitet. Und mit dem Singen können wir uns und andere in kürzester Zeit in Erfahrungen katapultieren, die vielleicht Glück für uns bedeuten.. aber dazu später noch mehr.
„Shit happens - mal bist du die Taube, mal das Denkmal“ (Eckard von Hirschhausen)
Glück ist kein Dauerzustand- und war evolutonär auch garnicht als solcher gedacht. Es ist der kleine Belohnungshappen. Glück kann nur zeitweise entstehen oder zu finden oder zu erspüren sein. Glücksmomente, Glücksminuten oder auch Glücksphasen, Glück als erkämpfter Gipfel oder als Überraschung, als Gegenpol zu weniger glücklichen Zeiten oder nach überwundenen Krisen, als Belohnung oder im Vergleich zu anderem. Es hilft, die Glücksmomente zu erkennen, wenn wir nicht das Gefühl haben, es würde uns in Dauerschleife zustehen. Das ist manchmal nicht einfach, denn wir vergleichen uns gerne.
Und dann ist bei allen Gemeinsamkeiten das, was uns glücklich macht, wieder so individuell, dass es Sinn macht, sich auf die Suche zu begeben.
„Dass du dir glückst.
Dass dir das Glück anderer glücke.
Dass durch dich
Ein oder zwei menschen
Besser sich glücken.
Dass das glück dich nicht blende
Für das unglück anderer.Dass du dir glückst
Auch im Unglück.
Dass eine Welt werde,
wo zusammen mit dir
viele sich glücken können
(Kurt Marti)
Es gibt es mit Sicherheit, das Glück, welches passiert und uns zuteil wird; und doch können wir uns manchmal daran erinnern, dass wir selber mehr Einfluss haben als wir denken, die Stellschrauben suchen, uns kümmern. Ich mag es: das glücken als aktives Verb.
Glück begegnet in ganz unterschiedlichsten Qualitäten.
Da ist das Glück der Selbstverwirklichung, der Kreativität, des Anstrengung, wenn wir etwas geschafft haben, den Berg erklommen haben, uns bemüht haben.. und es hat geklappt. Das zufriedene, das ausgepowerte Gefühl, der Stolz, die Selbstwirksamkeit, das Gefühl, dass das erreichte Ziel das Unsrige ist.
Ein und vielleicht das wichtigste, meist empfundenste ist das Glück der Gemeinschaft: Kontakt haben, aufgehoben sein, Familie, Freunde, gemeint sein, in Bezug und Beziehung sein zu den Menschen, die man sich auserwählt hat oder die einen umgeben. Deshalb hält das Singen einen besonderen Schatz für uns bereit. Sich in Gemeinschaft, in gelungender Gemeinsachaft, im gemeinsamen Tönen, Klang und Feld zu bewegen, ist eine Erfahrung, die in wenigem Anderen so einfach und befriedigend hergestellt werden kann.
„...there is a field, a singing field, I´ll meet you there“ (Liedtext Cloe Goodchild)
Das Glück-gehabt-Glück ist das Glück des Zufalls. Dinge, die uns passieren, Lustiges, Spontanes, wir finden Geld, wir gewinnen etwas, was wir nicht erwartet haben. Unser Glücksempfinden hängt nämlich stark von der Erwartung ab, die wir vorher an das Erlebnis geknüpft haben. Glück ist Erwartungsmanagment, Neid der absolute Glückskiller. Das Glück des Momentes ereilt uns, wenn etwas besser klappt, als wir es erwartet hätten. Das Dopamin belohnt uns für den Moment. Und auch hierfür können wir unsere Aufmerksamkeit schulen; egal ob es darum geht, die Münze auf der Strasse zu finden, das Lustige im Alltag oder den besonderen Moment. Wir öffnen die Augen, wir weiten den Blick.
Der Glück des Momentes ist das GenussGlück und hat viel mit der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu tun, die wir ihm schenken. Wenn wir es schaffen, auch kleinen, scheinbar selbstverständlichen Dingen alle Aufmerksamkeit zu schenken, wachsen sie in unserem Glücksempfinden; das gute Essen, die schöne Berührung, der liebevolle Moment mit jemanden. Im „Flow“ sein mit der Gegenwart, Zeit und Raum vergessen.
Singen, manchmal noch verbunden mit Bewegung, sind reinste Flowerfahrungen. Unser Gehirn schafft es, sich ganz in dieses Meer zu begeben, ganz bei dem Einen zu seinen, aufzugehen, die Konzentration zu focussieren, sich berühren zu lassen in diesen einen Moment. Alles andere tritt in den Hintergrund. Wir sind beschenkt und vertieft in dem einen Tun.
Das Glück der Fülle geht vielleicht noch einen Schritt weiter; das verbunden sein mir Grösserem, der Natur, der Schöpfung, der Spiritualität, sich auflösen in der Musik, unser Ego loslassen, die Grösse und das Vollendete wahrnehmen in der Schönheit um uns rum und in uns drin.
„be still my soul be still, and rest in the arms of the lord my love and be still“ (Liedtext Marc Fox)
Aufgehen in der Musik, im Gesang, in der Gemeinschaft und sich gleichzeitig spüren und wissen, man ist nicht allein, man ist getragen, man ist teilhaft, man ist schwerelos- das kommt dem Glück sehr nah.
„..dann stellt sich zum Schluss hin ein Art Glücksgefühl ein, das ist sehr schwer zu beschreiben, vielleicht vom Sport her. Ich hab Fussball gespielt und Tennis, und dieses Gefühl ist so wie wenn man beim Fussball und Tennis gewonnen hat. So ein ähnliches Gefühl ist das.. nur beim Fussball und Tennis haben wir wenig gewonnen, und hier ist es jeden Donnerstag.“ (Dr. Wolfgang Röck, Patientenrat Singende Krankenhäuser über seine Erfahrungen in der Singgruppe ")